Yoga und Natur

Eine kraftvolle Verbindung

Auch in unserer Kultur orientierte sich das alltägliche Leben einst an den Kreisläufen der Natur. Das Wissen um die Rhythmen der Natur war eine notwendige Voraussetzung für das Überleben. Die naturverbundene Spiritualität und Heilkultur, die daraus entstand, war unter anderem der Schamanismus. Schamanismus behilft sich der starken Kräfte der Natur. Die Naturspiritualität ist die Älteste dem Menschen bekannte Form der Spiritualität. Die Schamanen sowie auch Lehrer anderer Naturspiritualitäten sind zentrale spirituelle Figuren ihrer Kulturen und vermitteln zwischen den Kräften der sichtbaren – materiellen und der unsichtbaren – immateriellen Welt. Heute haben wir eine von der Natur isolierte Lebensweise entwickelt, doch kann die Erinnerung und Reaktivierung dieses uralten Wissens zum Richtungsweiser werden.

Die Verbindung zur Natur wiederaufzunehmen, unterstützt uns dabei aus einem entwurzelten Alltag zurück in die Geborgenheit und Rückverbindung mit den Schwingungen und Rhythmen des Universums zu gelangen. Der Schamanismus und der Yoga kommen beide aus der gleichen ewigen Quelle des kosmischen Bewusstseins (in der yogischen Kultur Purusha genannt). Das Leben in der Natur und die Kultivierung des inneren Frieden praktizieren Schamanen wie Yogis mit großer Liebe und Hingabe. Es gibt viele Techniken, um die Einheit mit dem Urquell des Lebens zu erfahren. Die zwei genannten Lebensarten haben effektive Wege gefunden, ein friedvolles Leben in Harmonie mit der Erde zu entwickeln. Yoga basiert und orientiert sich an der Natur.

Die indische Yogawissenschaft hat eine mindestens ca. 5000 Jahre oder wie manche Funde es andeuten, einen wahrscheinlich noch viel älteren Ursprung. Die Frage zu welcher Zeit Yoga entstanden ist, kann nicht auf das Jahr genau festgestellt werden. Es wurden Darstellungen von Yoga-Asanas aus der Zeit der Induskultur von vor 5000 Jahren gefunden. Des Weiteren wurden schon in den Veden, den ältesten indischen Schriften, die Grundkonzepte des Yoga und des Ayurveda gefunden. Auch der Hatha-Yoga, der Yoga der Körperübung, wird in den Veden beschrieben. Der Yoga ist schon uralt. Die Anfänge des Yoga stehen darum im Dunkeln. Das scheint auch nicht sehr relevant zu sein.

„Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit und diese ist Grün.“ – Hildegard von Bingen

Was fest steht ist, dass sich über diesen Zeitraum eine unglaubliche Ansammlung von Wissen und Erkenntnissen über den menschlichen Geist und Körper angesammelt hat.
Es gab vor vielen tausend Jahren in Indien die Rishis, die sogenannten Seher oder auch Meister. Die Rishis setzen sich mit Fragen wie „Wer bin ich?“, „Was ist unsere Welt?“, „Was geschieht nach dem Tod?“ oder „Gibt es eine Höhere Realität?“ auseinander. Die alten Seher sind durch die Auseinandersetzung und das Nachdenken über diese Fragen in tiefe Kontemplation und anschließend Meditation gelangt. In der Meditation haben sie die Tiefe ihres innersten Wesenskern erfahren. Diese Erfahrung erzeugte vollkommenen Frieden.

Eine andere Legende besagt, dass sich die ersten Yogis in ihre Einsiedeleien in den Wäldern und Bergen zurückgezogen haben. Dort meditierten sie den ganzen Tag lang. Die Meditation wurde nur unterbrochen, um die Nötigsten körperlichen Bedürfnisse zu erledigen. Doch haben die Yogis schon bald Probleme mit ihren Körpern bekommen, da sie nur einseitige Sitzstellungen praktizierten. Obwohl der innere Drang und Wunsch noch so stark war zu meditieren, konnte der Körper nicht mehr „mithalten“. Somit kamen sie auf die Idee, ihre körperliche Gesundheit und Stärke mit Bewegungen und Dehnübungen zu kultivieren. Die Yogis, die stark in der Natur zurückgezogen waren, waren nur von den Tieren, Pflanzen und Pilzen umgeben. Von diesen Lebewesen jeder Art ließen sie sich inspirieren und entwickelten neue Körperübungen, wie z.B. die Kobra, die ihre Köpfe nach oben streckten = Bhujangasana, der Adler = Garudasana, der Berg = Parvatasana = oder der Baum = Talasana. Zu dieser Naturverbindung möchte ich mit meiner Yogatradition zurück, da die Natur uns nicht nur Gesundheit und Ruhe schenkt, sondern auch viele tolle Eindrücke zur Inspiration sowie Kraft zur Yoga-Praxis (Sadhana) gibt.

Yoga und Natur in Verbindung ist ein ganzheitlicher Ansatz, da er sich von der äußerlichen, materiellen und grobstofflichen Welt bis in die innerlichen, geistlichen und feinstofflichen Ebenen des Menschen durcharbeitet. Der Yoga entwickelte sich aus den Wald- und Bergzivilisationen Indiens heraus. Die Yogis fanden ihre Inspiration in der Natur, wodurch immer neue Eindrücke und Kreativität in den frühen Yoga mit einfließen konnten. Unterstützt von einer ökologischen, nachhaltigen und tierleidfreien Lebens- und Ernährungsweise kann ein ehrgeiziger Yogaschüler ebenso tiefen Frieden erfahren. Patanjalis Systematisierung des Yoga ist das Fundament meiner Yogatradition. Die Natur dient uns als Vorbild für ein harmonisches Miteinander aller Lebens- und Energieformen. Man kann im Wald z.B. beobachten, wie Bäume, Pflanzen und Pilze eine Gemeinschaft eingehen und sich gegenseitig mit Energie und Ressourcen versorgen. Deshalb kann die Verbindung von Yoga und Natur den Yogaschüler in seiner Entwicklung deutlich unterstützen.

Der Praktizierende kann durch Prana (Energie/Kraft) eine Brücke zum reinen Bewusstsein finden, da die materielle Welt (Prakritit) eine Ausprägung der vielen Möglichkeiten von Purusha.

In der kühlen, wissenschaftlichen und auf das Äußere orientierten Welt, ist der Geist und das Spirituelle (reines Bewusstsein) wie vernachlässigte Kinder ausgegliedert. Wie aber Bewusstsein, Geist und Körper in dieser für die Wissenschaft getrennten Entitäten zusammenfungieren und eine Einheit kreieren, kann die Wissenschaft des Westens nicht erklären. Wie kann aber, der rein physische Körper denken und fühlen? Wie kommt der Geist in die körperliche Maschine des Menschen? Diese Frage, wie sie René Decartes Leib-Seele-Problem nannte, beantwortete er sich dadurch, dass ein Gott seine Macht einfließen lässt. Gott sei dafür verantwortlich, dass Geist und Körper zusammen agieren und funktionieren. Trotz des Materialismus von Decartes braucht es am Ende seiner Theorie einen Gott, eine höhere Macht und Energie, die Idee eines absoluten Transzendeten und Immateriellen, um eine Lösung zu seiner Frage zu erhalten. Zudem gab es im Westen noch den Glauben, dass nur der Mensch Denken und Fühlen kann. Die restliche Schöpfung der Erde besitzt aber kein Denkvermögen und Gefühle. Sie besteht nur aus physischen Körpern, die auf Reize der Umwelt reagieren.

Da man das reine Bewusstsein nicht messen kann oder andere wissenschaftliche Verfahren anwenden kann, um dies empirisch zu beweisen, hat man sie als nicht existent erachtet. Geist, Gedanken und Gefühle sind nur Nebenprodukte des komplexen Körpers des Menschen. Die Ausgestoßenen wie der Geist, werden von Psychologen betreut und die Seele bzw. das Spirituelle – darum kümmern sich die Kirchen und andere religiösen Einrichtungen. Doch der Körper wird von der Medizin, Biologie oder Physik und anderen „Naturwissenschaften“ schärfstens untersucht. Diese Wissenschaften werden in eine Erklärungsnot gelangen, denn sie werden früher oder später in eine Situation geraten, in der ihre Forschung das Unerklärliche nicht mehr erklären kann. Heute denken die Naturwissenschaftler über eine ursprüngliche Ursache für die ganze Schöpfung nach, und zwar die Singularität. Eine Idee, die uns an die spirituelle Sicht der Einheit alles Seins erinnert.

Der Yoga erkannte dieses Phänomen schon vor Jahrtausenden. Er gibt praktische Anleitungen darüber, wie man diese Einheit erleben kann. Schon in der Bhagavad Gita, einer der Quelltexte des Yoga, wurde diese Frage von Natur (Köper), Geist und Bewusstsein hinterfragt. Dort heißt es: „ Obwohl die Überseele (Bewusstsein) unter allen Wesen aufgeteilt zu sein scheint, ist Sie niemals geteilt. Sie ist in Ihrer Existenz eins. Obwohl Sie der Erhalter eines jeden Lebewesens ist, muss man verstehen, dass Sie alles verschlingt und hervorbringt.“(Vgl. S. 617, Bhagavad Gita – Wie sie ist).

Im Yoga verwendet man auch die Begriffe Purusha, für die Bezeichnung der Überseele (reines Bewusstsein). Im Yoga ist die Aufgabe des Menschen zu erkennen, dass er die universelle Überseele ist. Die Trennung scheint nur lokal und temporär. Über die Loslösung des Karmas auf den verschiedenen Ebenen der Koshas (Seinsebenen – es gibt 5 Koshas im Yoga), insbesondere des Energiekörpers, dem Pranamaya-Kosha, kann der Mensch eine Brücke zu seinem inneren Licht – Purusha bauen und sein wahres Selbst erkennen. Der Energiekörper ist in allen Lebewesen innewohnend und eine wirklich erfahrbare Realität. Das hat nichts mit Glauben oder Spekulationen zu tun.

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