Yoga und Samadhi

Was ist Samadhi? Yoga wird in den Yoga-Sutras als Samadhi definiert. Doch nur wenige Yogapraktizierende wissen, was Samadhi ist oder wie man es angeht. Aber ohne Samadhi zu verstehen, kann man Yoga nicht im wahrsten Sinne des Wortes verstehen.

Samadhi ist vollständige Gelassenheit des Geistes. Der Geist, der vollständig mit der Kraft des inneren Sehens vereint ist, so dass er seine getrennte Natur verliert und in reines Bewusstsein und Frieden aufgeht. Samadhi ist der höchste Aspekt der Yogapraxis als vollständige meditative Vertiefung, die uns über Körper und Geist, sowie Geburt und Tod hinausführt.

Samadhi in den Yoga-Sutras (Patanjali)

Die Yoga Sutras definieren Yoga als Samadhi. Yoga als Chitta Vritti Nirodha oder Kontrolle des Geistes bzw. das zur Ruhekommen der Gedankenaktivität (YS I.2). Dies ist eine Definition von Samadhi. Sein endgültiges Ergebnis von „Tada Drashtu Svarupe avasthanam“ oder „dann ruht der Seher (Purusha) in seiner eigenen Natur“ (YS I.3), ist eine Definition von Nirvikalpa Samadhi, dem höchsten Samadhi. Dem Samadhi ohne Dualität.

Jeder Abschnitt der Yoga-Sutras hat Samadhi als Hauptthema.

Der erste der vier Abschnitte des Textes beginnt mit Samadhi Pada, dem Abschnitt über Samadhi, der seine Natur und Notwendigkeit beschreibt.

Samadhi ist das Ziel der Yoga-Praxis oder Sadhana, wie es im zweiten Abschnitt der Yoga-Sutras als Sadhana Pada definiert wird und uns auf Samadhi vorbereitet.

Samadhi ist die Grundlage der yogischen Kräfte und Errungenschaften, die den dritten Abschnitt oder Vibhuti Pada des Textes bilden.

Samadhi in seiner voll entwickelten Nirvikalpa-Form, die uns jenseits aller Gedanken führt, ist die Grundlage von Kaivalya (Befreiung) oder dem natürlichen Zustand des Purusha oder des inneren Selbst, der den vierten Abschnitt und den Höhepunkt des Textes bildet.

Samadhi ist, wie viele yogische Begriffe, schwer zu übersetzen, da es keine Entsprechung in Deutsch/Englisch oder anderen Sprachen gibt. Es wurde lose und fälschlicherweise als eine Art Trance, asketischer Zustand, mystische Erfahrung, verändertes Bewusstsein oder sogar psychologische Täuschung definiert. In Wahrheit ist Samadhi non-duales Bewusstsein, jenseits aller Konzepte, Motivationen und Erfahrungen des Geistes. Sie lässt sich nicht in bloße Worte, Logik, Informationen oder Theorien fassen, da diese aus der dualistischen Natur des Verstandes entspringen und Samadhi eine non-duale Erfahrung darstellt.

Samadhi folgt in der Yogapraxis auf Dharana und Dhyana oder Konzentration und Meditation. Diese drei Faktoren von Dharana, Dhyana und Samadhi bilden Samyama oder vollständige Versenkung, was eine andere Definition von Samadhi ist. Samadhi/Samyama ist die ultimative Entspannung des Geistes und seiner mentalen Fokusierung. Die mentalen Aktivitäten lösen sich auf und reines Bewusstsein ohne Inhalt stellt sich ein. Ego oder jegliche Anhaftung an die physische Realität und der persönlichen Identität lösen sich. Es wird als ein Zustand der Absorption oder des Einheitsbewusstseins wiedergegeben. Die tiefe Versenkung in das ursprüngliche Sein.

Höhere und niedrigere Samadhis

Samadhi existiert auf allen Ebenen des Geistes (Chitta-Bhumis). Es gibt niedere nicht-yogische Samadhis sowie höhere yogische Samadhis. Die niederen Samadhis treten in den stumpfen (Mudha), gestörten/zerstreuten (kshipta) und abgelenkten/gelegentlich konzentrierten (vikshipta) Ebenen des Geistes auf, welche von den Gunas wie Sattva, Tamas und Rajas beeinflusst werden. Die höheren yogischen Samadhis bestehen aus dem einsgerichteten Geist (ekagra chitta) und dem Geist in seinem verschmolzenen Zustand (nirodha chitta). Diese yogischen Samadhis bilden das Hauptanliegen der Geistesübung und die Praxis des Yoga.

Samadhi, verschiedenster Arten, tritt immer dann auf, wenn der Geist sich in etwas verschmilzt und Frieden sowie Freude erfährt. Oder besser gesagt, wenn die Begrenzungen der menschlichen Existenz sich auflösen und der ursprüngliche Zustand einfach nur wieder erfahren wird. Sinneserfahrungen wie das Ansehen eines faszinierenden Films bis hin zur Betrachtung eines wunderschönen Sonnenuntergangs beinhalten eine vorübergehende Aufnahme des Geistes in sein Wahrnehmungsobjekt, die kleinere oder flüchtige Samadhis sind. Schlaf (Tiefschlaf) ist unser natürliches tägliches Samadhi des Friedens und der Erneuerung. Diese Samadhis bleiben aber auf einer unterbewussten Ebene.

Samadhi als Streben nach dauerhafter Einheit und Glück ist die eigentliche Natur und Motivation des Geistes, der an sich leer, friedlich sowie glücklich ist.

Wir sollten auf jeden Fall Glück im Leben suchen, aber wir sollten dies innerlich tun, wo es dauerhaft gefunden werden kann. Zu diesem Zweck müssen wir die Unwissenheit beseitigen, die uns veranlasst, unser Glück im Außen zu suchen, wo wir es nicht halten können. Anhaltende Glückseligkeit ist in uns selbst als unser innerster Wesenskern.

Erreichen der Höheren Samadhis

Das höhere oder yogische Samadhi entsteht aus der inneren Zuwendung, inneren Ruhe, Frieden und Stille. Der Geist wirkt hier wie ein Spiegel, der die Realität des reinen Bewusstseins widerspiegelt und seine trennende Identität auflöst. Es entsteht durch Loslösung von äußeren Namen und Formen und dem Aufgeben aller Begierden. Samadhi verfolgt einen radikal anderen Ansatz als das Vergnügen des Geistes. Yogische Samadhis sind anfangs Sarvikalpa Samadhis (mit Dualität), die ein gewisses Maß an Gedanken oder Vorstellungskraft noch beinhalten. Nirvikalpa Samadhi (ohne Dualität) ist jenseits aller Gedanken, was die eigentliche Natur des Purusha selbst ist. Die Dualität wird überwunden.

Um yogische Samadhis zu entwickeln, müssen wir unsere Sicht auf uns selbst und die Welt ändern. Wir scheinen nicht nur bloße physische Personen zu sein, die während unseres kurzen sterblichen Lebens Glück und Sicherheit in der materiellen Welt suchen, sondern die Annäherung an unser Wesenskern legt nahe, dass wir reines Gewahrsein sind.

Wir können unsere innere Natur wieder erfahren, um das höchste Samadhi zu erreichen und uns auf ein hingebungsvolles und ausdauerndes Sadhana einlassen. Die Lehren von Yoga und Vedanta (Sanatana Dharma) sowie Buddhas-Lehren (Arya Dharma) können uns auf diesen ultimativen Weg zur Glückseligkeit führen, insbesondere die Praxis der Selbsterforschung, die uns über den Verstand hinausführt. Es gibt viele Hilfsmittel, einschließlich aller Aspekte des Yoga wie Jnana (Wissen/Selbsterforschung), Bhakti (Hingabe), Kriya (Tat/Reinigung) und Karma (Handlung), unzählige Methoden als auch die verschiedenen Schulen des Buddha-Dharma (Buddhas Lehre). Ein weiteres Mittel welches hier nicht weiter erwähnt wurde ist die Naturspiritualität. Darunter vor allem die verschiedenen schamanischen Lebenswege, welches die Menschheit hervorgebracht hat.

Es ist an der Zeit, dass wir eine innere Kraft der Konzentration, Hingabe und Selbsterkenntnis entwickeln dürfen, in der wir unbewusste Identifikationen, Handlungen und Anhaftungen , die äußerlich als Ego erscheinen, transzendieren .

Dieser Blog über Samadhi ist nur ein „Fingerzeig“ bzw. eine Annäherung. Mit Sprache, einem dualistischen Werkzeug, welches dafür geschaffen worden ist Namen und Formen zu artikulieren, kann man reines non-duales Bewusstsein nicht vollkommen beschreiben. Samadhi ist das Ende der Sprache. Darum bitte ich um Rücksicht für diesen Versuch.

Möchtest du mehr über Yoga erfahren ? In meinen Kursen, Seminaren und Veranstaltungen behandle ich das Thema Samadhi sowie andere Aspekte des Yoga. Möchtest du dein Wissen und deine Erfahrung erweiteren, dann mach mit und kontaktiere mich !

5 Gedanken zu „Yoga und Samadhi“

Schreibe einen Kommentar